Planungsdokumente: Teilfortschreibung Solarenergie sowie Grundsätze und Anlagen der Energieversorgung

Strategische Umweltprüfung

2.1. Planerische Rahmenbedingungen

Seit der Anpassung des § 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) durch den Bundesgesetzgeber liegt die Errichtung und der Betrieb von Anlagen der erneuerbaren Energien und ihrer Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Bis zur Erreichung der Treibhausgasneutralität in der Stromerzeugung erhalten die Anlagen im Abwägungsvorgang mit allen anderen Schutzgütern Vorrang. Sie müssen sich in der Abwägung nur noch den Zielen der Landes- und Bündnisverteidigung unterordnen. Damit bekommt der Ausbau erneuerbarer Energien ein erheblich stärkeres Gewicht als bisher.

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll die installierte Leistung von Solaranlagen in Deutschland bis zum Jahr 2030 auf 215 GW erhöht werden (§ 4 EEG). Hierfür wird angestrebt, den jährlichen Zuwachs von 7,5 GW im Jahr 2022 auf 22 GW im Jahr 2026 zu vervielfachen. Dieser Zuwachs soll zu gleichen Teilen auf Dach- und Freiflächen erfolgen. Am 16.08.2023 wurde im Kabinett ein Gesetzespaket verabschiedet, das so genannte Solarpaket. Dieses stellt einen zentralen Schritt dar, um die Ausbauziele für die Solarenergie bis 2030 zu erreichen und hebt die Bedeutung der Nutzung dieser Energieform nochmals hervor. Das Gesetzespaket setzt wichtige Elemente der Photovoltaikstrategie um, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Mai 2023 vorgestellt wurde. Das Solarpaket umfasst dabei verschiedene Maßnahmen, die darauf abzielen, den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Dächern und Freiflächen zu beschleunigen. Zur Reduzierung von Flächennutzungskonkurrenzen zwischen der Landwirtschaft und der Energieerzeugung sollen auch Sonderformen der Freiflächenphotovoltaikanlagen eine weitere Förderung erfahren. So werden gemäß der Solarstrategie des Bundes Maßnahmen getroffen werden, um schwimmende Photovoltaikanlagen und Agri-PV-Anlagen verstärkt zu nutzen, um eine Mehrfachnutzung von Flächen zu gewährleisten, um damit gleichzeitig eine Flächenneuinanspruchnahme zu begrenzen.

Bei Freiflächensolaranlagen handelt es sich nicht grundsätzlich um privilegierte Nutzungen im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB. Das bedeutet, dass diese Nutzungsart, anders als beispielsweise die Windenergienutzung, nicht durch den Bundesgesetzgeber dem Außenbereich zugeordnet ist. Im Regelfall ist daher eine entsprechende Bauleitplanung Voraussetzung für die Errichtung von FSA. Eine Ausnahme bildet die so genannte Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 lit. b. Die Errichtung von FSA ist demnach in einem Abstand von 200 Metern zu einer Autobahn oder einem Schienenweg mit mindestens zwei Hauptgleisen ohne ein vorheriges Bauleitplanverfahren zulässig. In diesen Bereichen ist eine Baugenehmigung ausreichend.

Auch in Bezug auf Agri-Photovoltaikanlagen ist mit der Änderung des Baugesetzbuchs zum 07.07.2023 bereits eine Maßnahme zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien umgesetzt worden. Mit dem § 35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB wurde eine an bestimmte Voraussetzungen geknüpfte Privilegierung im Außenbereich für Agri-PV-Anlagen verankert. Agri-PV-Anlagen, die die im BauGB und in § 48 Abs. 1 Nr. 5 lit. a – c EEG benannten Voraussetzungen erfüllen, können ohne die Aufstellung eines Bebauungsplans nur mit vorliegender Baugenehmigung errichtet werden. Die Teilprivilegierung für Agri-PV-Anlagen beschränkt sich nicht auf Flächen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 8 lit. b.

Durch die vorliegende Teilfortschreibung Solarenergie wird kein Baurecht geschaffen, sondern lediglich Gebiete festgelegt, die sich im regionalen Kontext für FSA als besonders geeignet darstellen. Auf diese Weise werden großflächige Gebiete überörtlich gesichert, um die Erreichung des Flächenziels zu gewährleisten. Innerhalb der VRG FSA ist die weitere Ausformung durch die Bauleitplanung erforderlich. Außerhalb der VRG FSA ist weiterhin eine bauleitplanerische Steuerung von FSA möglich. Die Regelungen zu bestimmten Ausnahmevoraussetzungen im Bereich von bestehenden Festlegungen zum Freiraumschutz, die eine Nutzung durch FSA zielförmig ausschließen, erfolgt im Rahmen der Gesamtfortschreibung des 4. Regionalplans.

FSA ab einer installierten Leistung von mehr als 1 MWp zählen gemäß EEG 2023 i.d.R. zu den Solaranlagen des ersten Segments. Nur über die erfolgreiche Teilnahme am Ausschreibungsverfahren der Bundesnetzagentur ist eine Vergütung für den daraus gewonnenen Strom möglich. Für das Jahr 2023 hat die Bundesnetzagentur den Höchstwert für Gebote auf 7,37 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Für FSA mit einer geringeren installierten Leistung und für Bürgerenergieanlagen gilt weiterhin die gesetzliche Förderung ohne die zwingende Teilnahme am Ausschreibungsverfahren. Zusätzlich zur Vergütung des Stroms im Rahmen des EEG-Regimes lohnt sich für viele FSA die sogenannte Direktvermarktung an der Strombörse. Der erzeugte und Strom wird vom Betreiber direkt an der Strombörse verkauft und kann auch direkt an einen Stromverbraucher geliefert werden. Damit entfällt für viele FSA die indirekte Steuerung durch das EEG auf die geförderten Flächen, denn die Anlagen können auch außerhalb wirtschaftlich betrieben werden. Die vorliegende Planung orientiert sich deshalb zwar an den im EEG 2023 für eine Förderung maßgeblichen Kriterien, macht sie jedoch nicht zur alleinigen Voraussetzung für eine Gebietsfestlegung.

Die Region Mittlerer Oberrhein ist gemessen an der solaren Strahlungsenergie ein im Verhältnis stark begünstigter Raum und damit prädestiniert für die Errichtung und den Betrieb von Solaranlagen. Mit einer mittleren Jahressumme der Globalstrahlung von 1048 – 1130 kWh/m² (vgl. LUBW Energieatlas) ist von einer flächendeckenden Eignung für Solaranlagen auszugehen. Zwar gibt es lokale Unterschiede, jedoch sind diese so gering ausgeprägt, dass eine räumliche Differenzierung aufgrund der globalen Strahlungsenergie nicht gerechtfertigt wäre. Um das vorhandene Energiepotenzial zu nutzen, wird in erster Linie die Errichtung von Solaranlagen an und auf bestehenden Gebäuden befürwortet. Da diese jedoch regelmäßig nicht regionalbedeutsam sind, verzichtet der Regionalverband auf eine formelle Steuerung in Form von Ausweisung geeigneter Flächen im Regionalplan.

Von einer Regionalbedeutsamkeit von Freiflächensolaranlagen (FSA) wird i.d.R. bei einer Größe ab drei Hektar ausgegangen. Im Einzelfall kann die Schwelle der Regionalbedeutsamkeit zwar auch bei kleineren Flächen erreicht sein, jedoch zielt die Teilfortschreibung auf die Vorbereitung der Nutzung von Flächen, die bedingt durch ihre Größe auch einen gewissen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Vor dem Hintergrund des Bündelungsprinzips soll zudem eine Konzentration der Solarenergienutzung an besonders geeigneten Stellen erfolgen, während an anderer Stelle dem Freiraum weiterhin Vorrang eingeräumt wird.

Planerische Leitsätze

Freiflächensolaranlagen werden aufgrund ihrer Größe im Freiraum errichtet, wodurch sich ein Konfliktpotenzial mit anderen Freiraumnutzungen und –funktionen ergeben kann. Da die Bewahrung und Entwicklung verbliebener Freiräume ebenfalls ein wichtiges Anliegen der Regionalplanung ist, sollen FSA hauptsächlich auf Flächen, die eine Vorbelastung und ein geringes Konfliktpotenzial aufweisen, errichtet werden. Um eine freiraumverträgliche Planung zu erzielen, stellen die folgenden Leitsätze eine wichtige Grundlage dar:

Bevorzugung von Standorten auf anthropogenen Stillgewässern

Bevorzugung von Standorten mit hoher Vorbelastung durch technische Infrastruktur oder Bodeneinträge, bspw. durch PFAS-Chemikalien

Prioritäre Ausrichtung der Planung an den großen Infrastrukturen in der Region Mittlerer Oberrhein

Bündelung der baulichen Nutzung im Freiraum durch FSA durch eine Mindestgebietsgröße von drei Hektar

Ermöglichung der Nutzung von Standorten mit geringem Konfliktpotential und guter wirtschaftlicher Eignung für die kommunale Bauleitplanung und Schonung des Freiraums außerhalb der vorgesehenen Gebiete

Beitrag zur Erreichung des Landesflächenziels zur Bereitstellung von mindestens 0,2 Prozent der Regionsfläche für die Nutzung durch FSA

2.2. Verfahren zur Auswahl der VRG FSA

Als Untersuchungsraum für die Festlegung von Vorranggebieten für Freiflächensolaranlagen (VRG FSA) gilt die gesamte Region Mittlerer Oberrhein. Zur Ermittlung der Vorranggebiete für Freiflächensolaranlagen wurde ein mehrstufiges Auswahlverfahren angewandt. Zu diesem Zweck wurde ein Kriterienkatalog entwickelt, der sowohl Ausschluss-, Konflikt als auch Eignungskriterien beinhaltet. Die methodische Anwendung der Ausschlusskriterien führte schrittweise zum Ausscheiden von Gebieten, die entweder aus rechtlich-tatsächlichen Gründen für die Errichtung von Freiflächensolaranlagen nicht in Frage kommen oder die aus planerischen Gründen nicht vorrangig für Freiflächensolaranlagen genutzt werden sollen. Für die sich daraus ergebende Suchkulisse wurden im Weiteren Eignungskriterien herangezogen (darunter sind Kriterien zu verstehen, die insbesondere aufgrund von Vorbelastungen oder faktischer Eignung aus planerischer Sicht als Standorte für Freiflächensolaranlagen besonders in den Blick genommen werden). Diese wurden möglichen Konfliktkriterien gegenübergestellt, um die „Beststandorte“ für regionalbedeutsame Freiflächensolaranlagen zu identifizieren.

Die Vorgehensweise wird in der nachstehenden Tabelle dargestellt. Die Schritte werden im Anschluss an die Übersicht im Einzelnen erläutert.

Tab. 1: Arbeitsschritte

ArbeitsschrittErgebnis
1. Ausschlusskriterien
  • Ausscheiden von Flächen anhand rechtlich/tatsächlicher und planerischer Ausschlusskriterien
2. Bündelung
  • Ausscheiden von Einzelflächen < 3 ha bzw. Bündelung von bereits genutzten oder baulich vorbelasteten Bereichen
 
  • 1. Zwischenergebnis: Suchraumkulisse
 
  • Informeller Austausch mit Gemeinden
 
  • Zuschnitt von Prüfflächen
3. Konflikt- und Eignungsbewertung
  • Konfliktbewertung: Prioritäre Weiterverfolgung von Flächen mit geringen Konflikten. Eignungsbewertung: Flächen, die Eignungskriterien entsprechen, werden schwerpunktmäßig betrachtet.
  • Im Abgleich von definierten Eignungs- und Konfliktmatrizen werden die innerhalb der Suchraumkulisse abgegrenzten Prüfflächen für Vorranggebiete bewertet. Damit können für die weiteren Planungsschritte – je nach Über- oder Unterschreiten des angestrebten Flächenziels – weiter zu untersuchende Gebiete priorisiert werden.
4. Einzelfallbetrachtung
  • Planerische Abwägung der bestgeeigneten/ bzw. konfliktärmsten Prüfflächen (Einzelfallbetrachtung, z. B. tiefere Untersuchung Topographie, Wirkung Landschaftsbild etc.)
5. Abgleich mit den vorgegebenen Flächenbeitragswerten für die Freiflächensolaranlagen (neu definiert in § 21 KlimaG)
  • 2. Zwischenergebnis: VRG-Kulisse größer/kleiner/gleich Flächenziel
6. Überarbeitung VRG-Kulisse
  • Anpassung der Planungskriterien an geänderte Datengrundlagen und gesetzliche Vorgaben und ggf. Rückkehr zu Schritt 4
7. Vorranggebiete Solar
  • Ergebnis: Festlegung möglichst konfliktarmer VRG FSA