Planungsdokumente: Teilregionalplan Windenergie

Textteil: Plansätze und Begründung

Zu Z 1:

Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) wird im Interesse des Klima- und Umweltschutzes das Ziel verfolgt, eine nachhaltige und treibhausgasneutrale Stromversorgung, die vollständig auf erneuerbaren Energien beruht, durch den beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land zu fördern (§ 1 Abs. 1 WindBG). Zu diesem Zweck gibt das Gesetz den Ländern verbindliche Flächenziele vor – die sog. Flächenbeitragswerte (§ 1 Abs. 2 und § 3 WindBG). Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2a Landesplanungsgesetz Baden-Württemberg (LplG) i.V.m. § 19 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG) sind die räumlichen Voraussetzungen zu schaffen, um dem Flächenbedarf einer treibhausgasneutralen Energieerzeugung Rechnung zu tragen. Mit der Festlegung von Vorranggebieten für die Nutzung von Windenergie gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG in Verbindung mit § 11 Abs. 7 LplG wird diesen Zielen in der Region planerisch Rechnung getragen.

Die Flächenbeitragswerte nach § 3 WindBG und § 20 KlimaG stellen gesetzliche Mindestvorgaben dar, die überschritten werden dürfen. Das Erreichen der Flächenbeitragswerte steht gemäß § 249 Abs. 4 BauGB der Ausweisung zusätzlicher Flächen für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nicht entgegen. Damit sind außerhalb der Vorranggebiete zusätzliche Darstellungen in Flächennutzungsplänen für die Nutzung von Windenergie zulässig, wenn diese mit regionalplanerischen Zielen und Grundsätzen vereinbar sind. § 245e Abs. 1 BauGB bestimmt die Überleitungsvorschriften für die sogenannte Positivplanung näher. Zusätzlich zur Ausweisung von Flächen können Einzelstandorte für Windenergieanlagen nach Erreichen des Flächenbeitragswerts nur noch nach § 35 Abs. 2 BauGB im Einzelfall zugelassen werden.

Gemäß den Bestimmungen nach § 3 WindBG in Verbindung mit § 20 KlimaG sind in der Region Mittlerer Oberrhein mindestens 1,8 Prozent der Regionsfläche als Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie festzulegen und damit als Flächen für die Windenergienutzung planerisch zu sichern. Das entspricht einer Fläche von mindestens 3.854 Hektar.

Die Festlegungen beziehen sich auf Windenergieanlagen i.S.v. § 2 Abs. 3 WindBG, die raumbedeutsam sind (§ 3 Nr. 6 ROG). Um raumbedeutsam zu sein, muss sich das Vorhaben über den unmittelbaren Nahbereich hinaus auswirken. Eine Rolle spielen vor allem die besondere Dimension (Höhe) einer Anlage, ihr Standort und die damit verbundene Sichtbarkeit.

Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie fallen unter die Definition der Windenergiegebiete i.S.v. § 2 Nr. 1 a WindBG. Alle Nutzungen, die der Errichtung von Windenergieanlagen entgegenstehen, sind in den Vorranggebieten ausgeschlossen. Ausnahmsweise können Freiflächensolaranlagen innerhalb der Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie errichtet werden, sofern sie der Windenergienutzung zeitlich nachgelagert sind, Näheres hierzu ist in Z (3) geregelt. Diese Form der Mehrfachnutzung ist vor dem Hintergrund des überragenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt: Gemäß § 2 EEG und § 22 Nr. 2 KlimaG liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.

Unter Berücksichtigung der regionalen Potenziale, die entsprechend des Windatlas Baden-Württemberg eine vergleichsweise hohe mittlere gekappte Windleistungsdichte aufweisen und einen effizienten Betrieb von Windenergieanlagen ermöglichen, wurden in der Region Mittlerer Oberrhein mit 7.138 Hektar insgesamt ca. 3,3 Prozent der gesamten Regionsfläche als Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie festgelegt. Sie sind als Rotor-out-Gebiete festgelegt, d.h. der Rotor der jeweiligen Windenergieanlage darf über die Grenze des Vorranggebiets hinausragen. Damit muss sich lediglich der Mastfuß der Windenergieanlage vollständig innerhalb des festgelegten Gebiets befinden. Für die Anrechenbarkeit der Vorranggebiete zum Flächenbeitragswert von 1,8 Prozent ist die Unterscheidung zwischen einer Rotor-in- (Rotor-innerhalb) und einer Rotor-out-Planung (Rotor-außerhalb) erforderlich. Die dem vorliegenden Teilregionalplan zugrundeliegenden Planungskriterien basieren auf einer Rotor-out-Annahme, die der Plangeber selbst bestimmen darf (§ 5 Abs. 4 WindBG). Dieser Ansatz wurde bei der hier vorliegenden Planung gewählt, um die gesamte Fläche des jeweiligen Vorranggebiets mit Windenergieanlagen bebauen und dem Flächenbeitragswert zurechnen zu können. Rechnerisch wäre bei einer Rotor-in Planung eine größere Fläche für die Vorranggebiete erforderlich, um den gesetzlichen Flächenbeitragswert zu erreichen. Trotz der größeren planungsrechtlich zu sichernden Flächenkulisse wären deshalb aber nicht mehr Anlagen auf diesen Flächen realisierbar, da der Rotor komplett innenliegend sein müsste. In einer Region mit so hoher Besiedelungsdichte und daraus folgend so zahlreichen Raumnutzungsansprüchen wie der Region Mittlerer Oberrhein, ist der Ansatz der Rotor-out-Planung schon deshalb erforderlich, um zu vermeiden, dass zu viele Flächenanteile anderen Flächennutzungen entzogen werden. Mit der Rotor-out Planung gelingt der Kompromiss bei der planungsrechtlichen Sicherung unterschiedlicher Raumnutzungsansprüche.

Dabei ist zu beachten, dass die im Regionalplan festgelegten Vorranggebiete maßstabsbedingt nur gebiets- und nicht parzellenscharf abgegrenzt sind. Die Festlegung konkreter Anlagenstandorte erfolgt erst durch den Vorhabenträger und ist auf der Ebene der Regionalplanung nicht beeinflussbar.

Als Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie werden gesichert:

ID Gemeinde Bezeichnung

WE_1 Malsch Neubrunnenäcker

WE_2 Bretten Sprantal Großer Wald

WE_3 Durmersheim Hardtwald

WE_5 Kraichtal Grünberg

WE_6 Kraichtal Gänsberg

WE_7 Östringen Schindelberg

WE_8 Kraichtal Friesentaler Grund

WE_9 Zaisenhausen Münchshälde

WE_10 Kürnbach Rohrhälde

WE_11 Oberderdingen Sickinger Wald

WE_13 Bruchsal Großer Wald

WE_14 Ubstadt-Weiher Finsterloch

WE_16 Philippsburg Im kleinen Mörsch

WE_17 Weingarten Steigleitern

WE_19 Karlsbad Rappenbusch

WE_20 Karlsbad Steinich

WE_21 Karlsbad Hagbuckel

WE_22 Oberderdingen Hochwald

WE_23 Karlsbad Köpfleswald

WE_24 Ettlingen Edelberg

WE_25 Ettlingen Kreuzelberg

WE_26 Rheinstetten Allmendäcker

WE_29 Muggensturm Sitterich

WE_30 Kuppenheim Unter Hard

WE_32 Gaggenau Mittelberg

WE_3 Malsch Erlenhag

WE_35 Malsch Wulzenkopf

WE_36 Malsch Hohlberg

WE_37 Malsch Sulzberg

WE_38 Bühl Omerskopf

WE_40 Loffenau Buchrücken

WE_41 Gernsbach Rote Lache

WE_43 Gernsbach Vogelhartskopf

WE_45 Forbach Lachsberg

WE_46 Forbach Teufelsmühle

WE_48 Baden-Baden Hohberg

WE_49 Bühlertal Sickenwald

WE_50 Rheinmünster Schwarzach

WE_51 Karlsruhe Energiehügel

WE_52 Bruchsal Hornbuckel

WE_53 Waghäusel Lusshardtwald

WE_55 Sinzheim Fremersberg

WE_57 Baden-Baden Öserstein

WE_66 Bruchsal Hinterer Rötich

WE_70 Bruchsal Unterer Vogelsgesang

WE_75 Kraichtal Seeberg

WE_78 Sulzfeld Hauloch

WE_87 Kraichtal Bennetwald

WE_93 Gondelsheim Buchwald

WE_95 Gondelsheim Riedwiesen

WE_96 Bretten Schweigig

WE_101 Bretten Roteberg

WE_114 Ottersweier Fuchsgraben

WE_150 Ettlingen Detschenklinge

WE_177 Oberderdingen Ölmühle

WE_180 Walzbachtal Schmittebusch

WE_181 Walzbachtal Streichental

WE_182 Walzbachtal Schelmenegerten

WE_301 Bretten Langengrund

WE_302 Bretten Leißelberg

WE_471 Baden-Baden Brandbuckel

WE_472 Baden-Baden Wettersberg

WE_481 Baden-Baden Hohberg

WE_561 Baden-Baden Eberkopf

WE_562 Baden-Baden Kohlstatten

WE_563 Baden-Baden Bußköpfel

WE_601 Bruchsal Siegelberg

WE_602 Bruchsal Langegrund

WE_651 Kraichtal Reutwald

WE_652 Kraichtal Igelsberg

Zu Z 2:

Maßstabsbedingt können Vorranggebiete im Rahmen der Vorhabengenehmigung, aber auch in der kommunalen Bauleitplanung ausgeformt werden. Eine wesentliche Verkleinerung dieser Gebiete oder ein faktischer Ausschluss des Baus oder Betriebs von Windenergieanlagen ist unzulässig. Da mit der regionalplanerischen Festlegung von Vorranggebieten dem überragenden öffentlichen Interesse am Ausbau und der Nutzung der Windenergie im Sinne des § 2 EEG Rechnung getragen und damit auch das Ziel einer wirtschaftlichen Energieerzeugung aus Windenergie verfolgt wird, ist eine bauleitplanerische Konkretisierung eines Vorranggebiets deshalb erst nach Feststellung der Erreichung der Flächenbeitragswerte nach § 5 Abs. 3 WindBG möglich. Insbesondere Höhenbegrenzungen schmälern Ertrag und Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen und werden deshalb auch auf Ebene der ggf. nachlaufenden und die Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie konkretisierenden Bauleitplanung explizit ausgeschlossen. Zudem können Vorranggebiete, die eine Höhenbegrenzung aufweisen, nicht auf den Flächenbeitragswert angerechnet werden (§ 4 Abs. 1 S. 5 WindBG). Mit Höhenbegrenzungen sind sowohl Mindest-, als auch Maximalhöhen gemeint. Sofern ein Vorranggebiet für die Nutzung der Windenergie eine zuvor schon rechtskräftige Konzentrationszone oder ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Windenergienutzung eines Bauleitplans überlagert, welche Höhenbeschränkungen enthalten, sind die Höhenbeschränkungen aufzuheben (§ 1 Abs. 4 BauGB).