Planungsdokumente: Teilfortschreibung Solarenergie sowie Grundsätze und Anlagen der Energieversorgung

Strategische Umweltprüfung

2.2.4. Einzelfallbetrachtung (Schritt 5)

Die Flächen, die weiter in der Planung verbleiben, werden nun im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung u.a. im Hinblick auf die aktuelle Nutzungs- und Bewuchsstruktur, potenziellen Biotopverbundkorridoren, und den Flächenzuschnitt untersucht. Vor dem Hintergrund der grundlegenden Bedeutung der Bauleitplanung für die Nutzung von Flächen, werden zudem die gemeindlichen Entwicklungsabsichten innerhalb dieses Planungsschritts berücksichtigt.

2.3. Wirkfaktoren

Da durch die Teilfortschreibung lediglich Vorranggebiete festgelegt werden und keine bzw. nur wenige konkrete Projekte bekannt sind, lassen sich auf der regionalen Ebene noch nicht alle Wirkungen prognostizieren. Bei der genauen Standortfestfestlegung sind weitere, detaillierte Untersuchungen notwendig.

Nutzungsumwandlung/ Flächeninanspruchnahme

Während der Bauphase kann es durch den Baustellenbetrieb, das Aufbringen von Schottermaterial zur besseren Befahrbarkeit von Baustraßen und den Bau von Gräben für die Verkabelung zu einer Schädigung der Vegetationsdecke und einem Lebensraumverlust kommen. Die Anlage von Freiflächensolaranlagen führt zur (Teil-)Versiegelung durch bauliche Anlagen, z.B. Trafostationen, sonstige Nebengebäude und Erschließungsstraßen/-wege. Die Versiegelung durch die Solarmodule kann durch Punktfundamente und Metallpfosten auf ein Minimum reduziert werden. Insgesamt ist der Grad der Versieglung i.d.R. sehr gering. Baubedingt kann es auch zur Veränderung der Bodenstruktur (GÜNNEWIG ET AL. 2007; DEMUTH & MAACK 2019) mit Bodenverdichtungen und ggf. Bodenabtrag kommen. Mit der Überschirmung und Verschattung von Flächen (Cooling Effekt) und der Umverteilung von Niederschlagswasser geht eine Veränderung der abiotischen und biotischen Standortcharakteristik einher (MAKARONIDOU 2020; SCHINDLER et al. 2018).

Im Einzelfall können Freiflächensolaranlagen jedoch auch mit positiven Umweltauswirkungen verbunden sein, da bei einer vorherigen Acker- oder Intensivgrünlandnutzung eine ökologische Aufwertung der Flächen durch die Entwicklung bspw. von (Extensiv-)Grünland, Hochstauden, Säumen oder Hecken möglich ist. Auf extensiv genutzten Grünlandflächen ist dagegen mit negativen Umweltauswirkungen durch die Anlage von Freiflächensolaranlagen zu rechnen (DEMUTH & MAACK 2019).

Großflächige Überdeckungen mit Solarmodulen können lokalklimatische Veränderungen verursachen. Unter den Modulen ist von einer Minderung der Lufttemperaturen (MAKARONDIOU 2020; SEMERARO ET AL. 2020), einer veränderten Niederschlagsmenge (DEMUTH & MAACK 2019) und einer geringeren Evapotranspiration (BADELT ET AL. 2020) auszugehen. Eine verringerte Abkühlung auf den Freiflächensolaranlagen führt ggf. zu einem Wärmeinsel-Effekt in der Nacht (BARRON-GAFFORD ET AL. 2016). Dies kann zum einen Frostschäden vorbeugen, zum anderen jedoch auch zu einer verminderten Kaltluftproduktion in Kaltluftentstehungsgebieten führen (GÜNNEWIG ET AL. 2007). Die Erheblichkeit solcher Beeinträchtigungen lässt sich erst auf der nachfolgenden Planungsebene mit Kenntnis der Flächen- und Höhendimension sowie der Ausrichtung und Dichte der Solarmodule feststellen.

Lärmemissionen

Während der Bauphase kann es durch Baufahrzeuge und sonstigen Baulärm zu erhöhten Lärmemissionen kommen.

Visuelle Wirkungen

Durch die technische Überformung der Bodenoberfläche kann es zu einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes kommen. Effekte sind vor allem im Nahbereich zu erwarten, da die Anlagen sich durch ihre innere Untergliederung i.d.R. deutlich von der umliegenden Landschaft abheben. Mit zunehmender Entfernung werden die Anlagen als homogene Flächen wahrgenommen, die aufgrund größerer Helligkeit, Reflexion o.ä. deutlich hervortreten. Der Wirkraum ist einerseits abhängig von Relief und sichtverschattenden Elementen wie Bewuchs und Bebauung und andererseits von der Höhe der PV Anlagen, dem Spiegelungsverhalten und dem Einfallswinkel des Lichtes.

Scheuch- und Störwirkungen

Stör- und Scheuchwirkungen (Silhouetteneffekt) durch Freiflächensolaranlagen sind grundsätzlich nicht auszuschließen (GÜNNEWIG ET AL. 2007) und können zu einer Entwertung des avifaunistischen Lebensraums führen. Dies trifft vor allem auf empfindliche Wiesenvogelarten und rastende Wasservögel zu. Für überfliegende Vögel stellen die Freiflächensolaranlagen keine Gefahr dar (GÜNNEWIG ET AL. 2007). Wasservögel können jedoch große Solaranlagen mit Gewässern verwechseln und durch polarisiertes Licht angezogen werden (TAYLOR ET AL. 2019).

Barrierewirkungen

Durch die Einfriedung des Betriebsgeländes können Barrieren für Mittel- und Großsäuger entstehen (WAGEGG & TRUMPP 2015; HERDEN ET AL. 2009). Besondere planerische Relevanz hat das im Bereich von Wildtierkorridoren. Die Wildtierkorridore dienen der Wanderung und Ausbreitung wildlebender Tiere von wald- und deckungsreichen Lebensräumen. Im Fokus stehen dabei insbesondere die heimischen mittelgroßen und großen Säugetiere (FVA 2012). Je nach baulicher Umsetzung der Freiflächensolaranlagen sind Wirkungen auf den Biotopverbund der weniger mobilen Arten möglich. Auch eine Fragmentierung von Lebensräumen aufgrund einer Barriere für den Genfluss kann sich negativ auswirken (CSENCSICS ET AL. 2014).

Durch eine mögliche Unterbrechung von Wegenetzes kann der Erholungsnutzen eingeschränkt sein.

2.4. Technische Lücken und fehlende Kenntnisse

Für die Region Mittlerer Oberrhein liegen zu den nach § 1 IV BNatSchG zu bewahrenden historisch gewachsenen Kulturlandschaften keine flächendeckenden Daten vor. Allerdings fanden die verfügbaren Daten zu den Einzelelementen der Kulturlandschaft, wie z. B. Bodendenkmale, entsprechende Berücksichtigung.

Für die Vorranggebiete einschließlich des Umfelds liegen derzeit z.T. nur lückenhaft Daten zu artenschutzrechtlich relevanten Arten vor. Die Daten des Artenschutzprogramms Baden-Württemberg sowie weitere Daten der höheren Naturschutzbehörde wurden im Bereich der Vorranggebiete geprüft und überschlägig bewertet.