Planungsdokumente: Teilfortschreibung Solarenergie sowie Grundsätze und Anlagen der Energieversorgung

Strategische Umweltprüfung

3. Raumbedeutsame Umweltziele

Dargestellt werden die Ziele des Umweltschutzes (siehe Tab. 4), die für das Regionalplankapitel von Bedeutung sind, sowie die Art, wie diese Ziele und die Umweltbelange bei der Aufstellung berücksichtigt werden (Anlage 1 zu § 9 I ROG, Nr. 1b).

Damit die Planung bewertet und im Sinne der Umweltvorsorge optimiert werden kann, bedarf es eines Zielsystems, das Bewertungsmaßstäbe für die Umweltprüfung festlegt. Relevante Umweltziele finden sich in gesetzlichen Vorschriften der EU, des Bundes und des Landes sowie in räumlichen Gesamtplanungen wie dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2003 (LEP) und dem Regionalplan Mittlerer Oberrhein 2003. Auch der Umweltplan Baden-Württemberg und die Naturschutzstrategie Baden-Württemberg 2020 enthalten relevante Umweltziele.

In der nachfolgenden Tabelle sind die zu prüfenden Schutzgüter und die dafür jeweils relevanten, regionalisierten Umweltziele einander zugeordnet. Diese sind die Basis für die Umweltprüfung.

Dargestellt werden nur die Umweltziele, die eine Relevanz in Bezug auf die Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Freiflächensolaranlagen haben und die durch die geplanten regionalplanerischen Festlegungen beeinflussbar sind.

Tab. 4 Umweltziele

SchutzgutUmweltziele
Mensch und Erholung
  • Vermeidung von (zusätzlichen) Lärmbelastungen (§ 2 II Nr. 6 ROG, UWP S. 86)
  • Erhalt von ruhigen Gebieten und Ruhezonen (UWP S. 86)
  • Schutz und Sicherung von Gebieten für die Erholung in Natur und Landschaft (§ 2 I Nr. 16 NatSchG BW, § 2 I Nr. 14 ROG)
Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt
  • Entwicklung, Sicherung und Wiederherstellung des Raumes für die Funktionsfähigkeit der Tier- und Pflanzenwelt (§ 2 II Nr. 6 ROG)
  • Erhaltung lebensfähiger Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen und Ermöglichen des Austausches zwischen den Populationen (§ 1 II BNatSchG)
  • Erhaltung von überregional bedeutsamen naturnahen Landschaftsräumen (LEP 5.1.2)
  • Schaffen eines Biotopverbundsystems (§ 20 I BNatSchG)
  • Erhaltung von Gebieten mit besonderer Bedeutung für die heimische Tier- und Pflanzenwelt einschließlich der biologischen Vielfalt (RPMO 3.3.1.1.6)
  • Gefährdungen von natürlich vorkommenden Ökosystemen, Biotopen und Arten ist entgegenzuwirken (§ 1 II BNatSchG)
  • Die Tötung, Störung sowie Entnahme von Arten bzw. Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten für Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sowie für europäische Vogelarten ist verboten (§ 44 BNatSchG)
Boden
  • Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden zu entwickeln und zu sichern (§ 2 II Nr. 6 ROG)
  • Vermeidung von schädlichen Bodenveränderungen durch Schadstoffeinträge, übermäßige Nährstoffeinträge sowie Erosion (§§ 1, 4 II, 7 BBodSchG)
  • Sicherung von Böden mit hoher Leistungsfähigkeit der natürlichen Funktionen sowie der Funktion als natur- und kulturgeschichtliche Urkunde (§ 1 BBodSchG)
  • Beschränkung der Inanspruchnahme von Böden mit besonderer Bedeutung für den Naturhaushalt und die Landwirtschaft auf das Unvermeidbare (LEP 3.1.9)
Wasser
  • Sicherung von Gebieten mit besonderen Grundwasservorkommen (LEP 4.3.1)
  • Schutz grundwasserempfindlicher Gebiete durch standortangepasste Nutzungen (LEP 4.3.2)
  • Erhalt und Wiederherstellung des natürlichen Wasserrückhaltevermögens (§ 77 WHG)
  • Erhalt von Überschwemmungsgebieten als Rückhalteflächen (§ 77 WHG)
  • Anpassung der vorhandenen und künftigen Nutzung an die Gefährdung durch Hochwasser sowie geringe Grundwasserflurabstände (RPMO 3.3.5.3.1)
Klima/Luft
  • Sicherung klimatisch bedeutsamer Freiräume bzw. Wiederherstellung ihrer klimatischen Funktionen (§ 2 II Nr. 6 ROG)
Landschaftsbild
  • Sicherung der Landschaft in ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit (§ 1 I Nr. 3 BNaSchG)
  • Sicherung von Gebieten mit besonderer Bedeutung für das Landschaftsbild (LEP 1.9)
Kultur- und Sachgüter
  • Erhaltung historisch gewachsener Kulturlandschaften (§ 2 II Nr. 4 ROG, § 1 IV Nr. 1 BNatSchG)
  • Naturlandschaften und historisch gewachsene Kulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmälern, sind vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren (§ 1 IV BNatSchG)
  • Bauliche Anlagen in der Umgebung eines eingetragenen Kulturdenkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung sind, dürfen nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde errichtet, verändert oder beseitigt werden (§ 15 III DSchG BW)
  • In Grabungsschutzgebieten dürfen Arbeiten, durch die verborgene Kulturdenkmale zutage gefördert oder gefährdet werden können, nur mit Genehmigung der höheren Denkmalschutzbehörde vorgenommen werden (§ 22 II DSchG BW)
  • Minimierung der Inanspruchnahme von Freiflächen mit besonderer Bedeutung für die Landwirtschaft (LEP 3.1.9)
mehrere Schutzgüter betreffend
  • Sparsame und haushälterische Inanspruchnahme von Freiflächen mit besonderer Bedeutung für den Naturhaushalt (LEP 3.1.9)
  • Sicherung von großflächigen, weitgehend unzerschnittenen Landschaftsräumen (§ 1 V BNatSchG)

Erläuterungen: LEP- Landesentwicklungsplan, UWP – Umweltplan Baden-Württemberg, N-BW 2020 – Naturschutzstrategie Baden-Württemberg 2020

Die Berücksichtigung von Umweltzielen und sonstigen Umwelterwägungen ist eine der Kernaufgaben der an der Leitvorstellung der Nachhaltigkeit ausgerichteten Regionalplanung und damit ein wesentlicher Bestandteil der vorliegenden Regionalplanfortschreibung.

Im Rahmen der Umweltprüfung wurden die Umweltziele bezogen auf die regionalplanerischen Festlegungen in der Weise berücksichtigt, dass

  • planerische Leitsätze für geeignete und umweltschonende Vorranggebiete formuliert wurden (Kap. 2.1),
  • ein mehrstufiger Suchlauf mit umweltrelevanten Tabukriterien (siehe Kap. 2.3.1) sowie eine Flächenbewertung auf Basis von Prüf- und Restriktionskriterien und eine Einzelfallbetrachtung durchgeführt wurde. (siehe Kap. 2.3.4 u. 2.3.5)

4. Beschreibung und Bewertung des aktuellen Umweltzustands

4.1. Mensch und Erholung

Das Schutzgut Mensch wird durch die Teilaspekte Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen, Wohn- und Wohnumfeldfunktion sowie Erholungs- und Freizeitfunktion abgebildet.

Für den Teilaspekt Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen sind insbesondere Lärmimmissionen relevant. Die Hauptquellen für Lärmbelastungen sind der Straßenverkehr, der Schienenverkehr und Luftverkehr sowie die Industrie. Entlang der Hauptverkehrswege sowie im Bereich der Einflugschneise des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden ist von einer hohen Lärmbelastung von Freiflächen und Siedlungsflächen auszugehen. Dagegen sind vor allem größere Bereiche des Schwarzwaldes vergleichsweise gering oder überhaupt nicht von Schallimmissionen belastet.

Im Hinblick auf die Wohn- und Wohnumfeldfunktion ist die Möglichkeit der täglichen wohnortnahen Erholung von Bedeutung. Dabei steht das Bedürfnis sich in der freien Landschaft zu erholen im Vordergrund. In den siedlungsnahen Freiflächen, die zu Fuß erreichbar sind, sollten daher zusätzliche Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion (z. B. durch Flächenverluste, Zerschneidung) vermieden werden.

Für die Erholungs- und Freizeitfunktion sind die großräumigen Erholungsgebiete relevant. Der gesetzliche Erholungswald nach § 33 Landeswaldgesetz bietet Möglichkeiten der freiraumbezogenen Erholung in Verdichtungsräumen und im Nahbereich von größeren Siedlungen, Kur- und Erholungsorten. Die Erholungswälder der Stufe 1 und 2 wurden von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt BW (FVA) mit Hilfe des Besucheraufkommens fachtechnisch abgegrenzt. Zudem dient die Kulisse der Naturparke der Entwicklung und Pflege einer Erholungslandschaft, die sich durch Vielfalt, Eigenheit und Schönheit von Natur und Landschaft auszeichnet und sich wegen ihrer Naturausstattung für die Erholung größerer Bevölkerungsteile besonders eignet.

In der Region Mittlerer Oberrhein sind insgesamt 109 Landschaftsschutzgebiete mit einem Flächenanteil von 30 Prozent bezogen auf die Regionsfläche ausgewiesen (22 % in BW)2. Die Landschaftsschutzgebiete geben Hinweise auf die besondere Ausprägung der Landschaft und deren Eignung für die Erholung. Darüber hinaus sind die Naturparke „Schwarzwald Mitte/Nord“ sowie „Stromberg-Heuchelberg“ für die landschaftsgebundene Erholung von Bedeutung.

Durch den fortschreitenden Ausbau des Verkehrsnetzes und die Ausdehnung der Siedlungsgebiete werden die Landschaftsräume zunehmend verkleinert, zerteilt und voneinander isoliert. Somit sind die verbleibenden großen zusammenhängenden Landschaftsräume bei gleichzeitig hoher Eignung für die stille Erholung der Bevölkerung des Verdichtungsraumes von besonderer Bedeutung.

Zur Abgrenzung der großen unzerschnittenen Räume wurden die klassifizierten Straßen mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung von über 1.000 Fahrzeugen zugrunde gelegt. Um den Erholungssuchenden eine Tageswanderung ohne Querung einer Hauptverkehrsstraße zu ermöglichen, wird eine Mindestflächengröße von 100 km² angesetzt. Zur Ermittlung von Räumen, die sich aus regionaler Sicht durch eine „relative“ Unzerschnittenheit und Ruhe auszeichnen, werden ergänzend zu den klassifizierten Straßen die Bahnlinien, Hochspannungsleitungen und Siedlungen als Abgrenzungskriterien einbezogen3. Der einzige in der Region Mittlerer Oberrhein auf diesem Wege ermittelte große unzerschnittene Raum befindet sich im Nordschwarzwald südlich von Loffenau bzw. im östlichen Murgtal.

Abb. 2 Mensch und Erholung (Grundlagen: FVA 2011, LUBW 2014)