8.2.2 Vorgehensweise
Von Windenergieanlagen kann bau-, betriebs- und anlagebedingt eine Gefährdung für artenschutzrechtlich relevante Tier- und Pflanzenarten ausgehen. Für den Teilregionalplan wird eine maßstabsgerechte Prognose zur Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter Arten durchgeführt. Dem besonderen Artenschutz nach § 44 und § 45 BNatSchG unterliegen die Arten des Anhang-IV der FFH-Richtlinie sowie der Europäischen Vogelschutzrichtlinie.
Für Baden-Württemberg stellt der Fachbeitrag Artenschutz eine zentrale landesweite Planungshilfe für die Regionalplanung zur Berücksichtigung des Artenschutzes bei der Ausweisung für die Windenergienutzung dar. Dieser umfasst windenergiesensible Vogel- und Fledermausarten. Die Vorgehensweise basiert auf der Festlegung von Schwerpunktvorkommen ausgewählter windkraftsensibler Arten, die naturschutzfachlich sehr hochwertige und hochwertige Bereiche für gesetzlich geschützte, windkraftsensible Arten darstellen. Nach dem vorliegenden Konzept kann außerhalb von Schwerpunktvorkommen der vom Fachbeitrag umfassten Arten, mit Ausnahme weniger seltener Arten, davon ausgegangen werden, dass der Ausweisung von Vorranggebieten für die Nutzung von Windenergie aus Sicht des Artenschutzes keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen. Dies gilt auch dann, wenn später im Einzelfall ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG hinsichtlich der vom Anwendungsbereich des Fachbeitrags umfassten Arten festgestellt wird.
Der Fachbeitrag Artenschutz unterscheidet naturschutzfachlich sehr hochwertige und hochwertige Bereiche (Kategorien A und Kategorie B respektive). Im Teilregionalplan können beide landesweit hochwertigen Kategorien zunächst aus dem Suchlauf ausgenommen werden und unüberwindbare Hindernisse bei den nachgelagerten Planungs- und Zulassungsvorhaben vermieden werden. Bei Vorliegen einer detaillierteren Untersuchung kann im Einzelfall randlich auch in Flächen des Fachbeitrags Artenschutz hineingeplant werden, sofern die gutachterliche Untersuchung nach Ermessen detaillierter als der landesweite Fachbeitrag Artenschutz ausfällt und zu dem Ergebnis kommt, dass Verstöße der Zugriffsverbote durch vorgezogene Vermeidungs-, Minimierungs- bzw. CEF-Maßnahmen abgewendet werden können.
Zusätzlich zum Fachbeitrag Artenschutz wurde die Planungsgrundlage Auerhuhn zur artenschutzrechtlichen Prüfung herangezogen. Diese soll einen landesweit einheitlichen, an fachlichen Kriterien und dem aktuellen Wissensstand ausgerichteten Verwaltungsvollzug unterstützen. Die Planungsgrundlage basiert auf dem aktualisierten Aktionsplan Auerhuhn sowie langjährigen wissenschaftlichen Arbeiten und vorhandenen Monitoringdaten zu Auerhuhnvorkommen. Die im August 2022 erarbeitete Planungsgrundlage Auerhuhn wurde im Juli 2023 überarbeitet. Die gegenständliche Planung basiert auf der Planungsgrundlage Auerhuhn 2023.
Die Planungsgrundlage Auerhuhn definiert Flächen, welche eine Empfehlung zum Schutz von Flächen zur Sicherstellung eines langfristigen Erhalts einer überlebensfähigen Population beinhalten. Sie umfasst drei Flächenkategorien. Flächen mit erhöhtem Raumwiderstand weisen auf eine Betroffenheit der Auerhuhnschutzbelange und erhöhter Konfliktintensität hin. Flächen mit sehr hohem Raumwiderstand umfassen zwei Kategorien (sehr hoher Raumwiderstand und Populationsverbundflächen (Trittsteine)) und weisen auf eine sehr starke Betroffenheit der Auerhuhnschutzbelange und sehr hohe Konfliktintensität hin. Im Teilregionalplan wurden alle drei landesweit hochwertigen Kategorien zunächst aus dem Suchlauf ausgenommen. Bei Vorliegen einer detaillierteren Untersuchung kann ein Vorranggebiet für die Nutzung von Windenergie im Einzelfall randlich auch in Flächen der Planungsgrundlage Auerhuhn hineinragen, sofern die gutachterliche Untersuchung nach Ermessen detaillierter als die landesweite Planungsgrundlage Auerhuhn ausfällt und zu dem Ergebnis kommt, dass eine Beeinträchtigung des Auerhuhnschutzes abgewendet werden kann.
Neben den landesweiten Planungsgrundlagen wurden artenschutzrechtlich relevante Daten des Arteninformationssystems, der Natura 2000-Managementpläne, dem Regierungspräsidium (Ref. 55, 56) vorliegende und dem Regionalverband übermittelte weitere Fundpunkte, dem BUND vorliegende und dem Regionalverband übermittelte weitere Fundpunkte und sensible Bereiche sowie weitere vorliegende Fundpunkte bei der Planung berücksichtigt. Darüber hinaus wurden vorliegende Planungsgrundlagen im Hinblick auf den Artenschutz ausgewertet, welche ein hohes Habitatpotenzial windenergiesensibler Vogel- und Fledermausarten aufweisen, beispielsweise naturnahe alte Wälder und Streuobstgebiete. In die artenschutzrechtliche Prüfung werden vorhandene Hinweise zu Artenvorkommen der letzten fünf Jahre (2018 – 2023) berücksichtigt.
Durch die hohe Genauigkeit moderner Geoinformationssysteme und die DLM-basierte Korrektur der Datensätze kann es in vorliegendem Planungsmaßstab zu ungewollten geringen randlichen Überschneidungen kommen. Diese sind kartographisch und nicht artenschutzfachlich begründet. Auf der nachgeordnete Planungsebene ist zu berücksichtigen, dass diese Bereiche nicht überplant werden sollen.
Für die artenschutzrechtliche Prüfung werden die zu prüfenden Regionalplanfestlegungen gemäß nachfolgendem Schema in Fallgruppen unterteilt.
Tabelle 11 Fallgruppen der artenschutzrechtlichen Prüfung
Fallgruppe | Ergebnis der Prüfung | Folgerungen für den Teilregionalplan |
A | Voraussichtlich keine relevanten Artenvorkommen bzw. keine erheblichen Betroffenheiten zu erwarten | Unproblematisch |
B | Relevante Artenvorkommen bekannt bzw. zu erwarten; damit ist das Eintreten artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände wahrscheinlich; unter Umständen jedoch vermeidbar durch Vermeidungs-, Minimierungs- oder CEF-Maßnahmen oder es erscheint zumindest eine Ausnahme möglich |
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C | Relevante Artenvorkommen bekannt bzw. zu erwarten; artenschutzrechtliche Verbotstatbestände voraussichtlich gegeben; keine Vermeidung durch CEF-Maßnahmen möglich, ausnahmsweise Zulassung erscheint nicht möglich | Planung nicht realisierbar und damit rechtlich unzulässig (fehlende Erforderlichkeit). |
Abbildung 13 Übersicht vorliegender Fachdaten zu windkraftempfindlichen Vogel- und Fledermausarten und Auerhuhn (Grundlage: UM BW/ MRL BW 2023)