Planungsdokumente: Teilregionalplan Windenergie

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Inhaltsverzeichnis

Strategische Umweltprüfung

Summationswirkungen

Unter Summationswirkungen werden erhebliche Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten verstanden, die durch das Zusammenwirken mit anderen Projekten und Plänen entstehen. Grundlage für die Einschätzung sind die Natura 2000-Gebiete, die durch Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie bzw. Vorranggebiete in Verbindung mit weiteren Festlegungen des Regionalplans beeinträchtigt werden können. Hierfür wurden Wirkradien von 3.500 m bei Vorranggebieten für die Nutzung von Windenergie für Vogelschutzgebiete, 1.000 m bei Vorranggebieten für die Nutzung von Windenergie für FFH-Gebiete, 200 m bei Vorranggebieten für Freiflächensolaranlagen für Vogelschutz- und FFH-Gebiete sowie 200 m bei Vorranggebieten für Rohstoffabbau für Vogelschutz- und FFH-Gebiete untersucht.

Nachfolgende tabellarische Aufstellung weist die Natura 2000-Gebiete sowie potenzielle Summationswirkungen auf:

Tabelle 10 Natura 2000: Potenzielle Summationswirkungen

Gebiets-Nr.GebietsnameArtVorranggebiete*
7116341Albtal mit SeitentälernFFH-GebietWE_21, WE_32, WE_34, WE_35, WE_36, WE_37, WE_40, WE_150, FSA_62
7117341Bocksbach und obere PfinzFFH-GebietWE_19, WE_20, WE_23, FSA_87
7214342Bruch bei Bühl und Baden-BadenFFH-GebietWE_50, WE_55, WE_114, FSA_29, FSA_35, FSA_36, FSA_55, FSA_56, FSA_63, FSA_71, FSA_95, FSA_105, 7214-3
7217341Eyach oberhalb NeuenbürgFFH-GebietWE_38, WE_41, WE_45, WE_49, WE_471, WE_472
7016341Hardtwald zwischen Karlsruhe und MuggensturmFFH-GebietWE_1, WE_3, WE_26, FSA_7, FSA_61, FSA_74, FSA_84, 7015-11
6917311Kinzig-Murg-Rinne und Kraichgau bei BruchsalFFH-GebietWE_17, WE_13, WE_66, WE_70, WE_601, WE_602, FSA_2, FSA_22, FSA_26, FSA_89, FSA_92, 6917-2
6717341Lußhardt zwischen Reilingen und KarlsdorfFFH-GebietWE_53, FSA_15, FSA_52, 6717-9
6918311Mittlerer KraichgauFFH-GebietWE_2, WE_6, WE_7, WE_8, WE_9, WE_11, WE_13, WE_14, WE_17, WE_22, WE_52, WE_75, WE_78, WE_87, WE_93, WE_96, WE_101, WE_180, WE_181, WE_182, WE_301, WE_302, WE_651, FSA_109, FSA_110, FSA_112, FSA_114, FSA_122
6718311Nördlicher KraichgauFFH-GebietWE_6, WE_7, FSA_37
7016343Oberwald und Alb in KarlsruheFFH-GebietWE_24, WE_51
7114311Rheinniederung und Hardtebene zwischen Lichtenau und IffezheimFFH-GebietWE_50, FSA_21, FSA_59, FSA73, FSA_118, 7214-2, 7213-3_3, 7213-3_2, 7213-1, 7115-4, 7114-5, 7114-5, 7114-2
6816341Rheinniederung von Karlsruhe bis PhilippsburgFFH-GebietWE_16, FSA_8, FSA_115, 6916-3, 6916-1, 6816-7, 6716-6, 6716-3
7015341Rheinniederung zwischen Wintersdorf und KarlsruheFFH-GebietWE_30, WE_51, FSA_73, FSA_105, FSA_106, 7114-5, 7114-5, 7015-12
7314341Schwarzwald-Westrand bei AchernFFH-GebietWE_38
7018341StrombergFFH-GebietWE_10, WE_177
7216341Unteres Murgtal und SeitentälerFFH-GebietWE_41, WE_40, WE_43, FSA_24
7116342Wälder und Wiesen bei MalschFFH-GebietWE_1, WE_34, WE_35, WE_36, WE_37, FSA_27, FSA_74, FSA_90
7215341Wälder und Wiesen um Baden-BadenFFH-GebietWE_48, WE_55, WE_57, WE_563, WE_472, WE_481
7415311Wilder See - Hornisgrinde und Oberes MurgtalFFH-GebietWE_20, WE_25, WE_24, WE_37, WE_46, WE_150
7314441Acher-NiederungVSGWE_50, WE_114
6916441Hardtwald nördlich von KarlsruheVSGWE_70, FSA_25, FSA_30, FSA_33, FSA_45, FSA_97, FSA_115, FSA_116
7016401Kälberklamm und Hasenklamm VSGWE_20, WE_24, WE_25, WE_150
7415441 Nordschwarzwald VSGWE_32, WE_38, WE_40, WE_41, WE_43, WE_45, WE_46, WE_48, WE_49
7415441 Nordschwarzwald VSG WE_57, WE_471, WE_472, WE_481, WE_561, WE_562, WE_563
7015441 Rheinniederung Elchesheim - KarlsruheVSGWE_3, WE_26, WE_51, 7015-12
6816401Rheinniederung Karlsruhe - RheinsheimVSGWE_16, 6916-1, 6716-6
7114441Rheinniederung von der Rench- bis zur MurgmündungVSGWE_50, FSA_73, 7213-1, 7114-2, 7114-5, 7213-3_2, 7213-3_3
6817441Saalbachniederung bei HambrückenVSGWE_70
6919441StrombergVSGWE_10, WE_177
7018401Weiher bei MaulbronnVSGWE_2

* Gebiete ohne Buchstabenkennzeichnung beschreiben Vorranggebiete für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe

Summationswirkungen ergeben sich beispielsweise durch kumulierte Lebensraumverluste oder -beeinträchtigungen. Die tatsächliche Beeinträchtigung in Folge von Summationswirkungen ist in der erforderlichen Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung auf der nachgelagerten Ebene zu ermitteln, wenn detaillierte Informationen zu den Vorhaben vorliegen. Planerische, technische und landschaftsplanerische Maßnahmen können zur Vermeidung und Minimierung von Kollision, Lebensraumverlust, Trennwirkung, Licht- und Lärmemissionen beitragen.

8.2 Artenschutzrechtliche Prüfung

8.2.1 Rechtliche Grundlagen

Die umfassende Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (in Kraft getreten am 29. Juli 2022) ermöglicht den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien insbesondere im Hinblick auf die Windenergie.

Gemäß § 44 Abs. 1, Abs. 5 BNatSchG gelten für Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für europäische Vogelarten weiterhin folgende Verbote, die für den Teilregionalplan relevant sein können:

  • Tötungsverbot für besonders geschützte Arten (Nr. 1),
  • Störungsverbot für streng geschützte Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten. Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich der Erhaltungszustand der lokalen Population oder Art verschlechtert (Nr. 2),
  • Verbot der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung der Arten, ihrer Entwicklungsformen und Standorte (bei Pflanzen) oder Fortpflanzungs- und Ruhestätten (bei Tieren) (Nr. 3 und 4).

Die Verbote gelten nicht, wenn die ökologische Funktion im räumlich-funktionalem Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Das kann auch durch Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen oder durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (sog. CEF-Maßnahmen) erreicht werden.

Zwar kann die Regionalplanung selbst nicht unmittelbar gegen die Verbotstatbestände des Artenschutzrechts verstoßen. Jedoch stellt eine regionalplanerische Festlegung, bei der bereits erkennbar ist, dass sie wegen entgegenstehender artenschutzrechtlicher Vorgaben nicht umsetzbar ist, eine rechtlich „nicht erforderliche“ und damit unzulässige „Scheinplanung“ im Sinne der Rechtsprechung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.2005, 3 S 1545/04) dar. Insofern ist auf der Ebene der Regionalplanung schon eine Auseinandersetzung mit dem speziellen Artenschutz notwendig.

Auf Ebene des Regionalplans ist im Sinne der Abschichtung ausschließlich eine maßstabsgerechte Prognose zur Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter Arten leistbar. Dem besonderen Artenschutz nach §§ 44 und 45 BNatSchG unterliegen die Arten des Anhang-IV der FFH-Richtlinie und der Europäischen Vogelschutzrichtlinie.

Für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde das Bundesnaturschutzgesetz im Rahmen der BNatSchG-Novelle um die §§ 45b – d ergänzt, welche bundeseinheitliche Standards zur Artenschutzprüfung schaffen. So werden die Signifikanzprüfung der Zugriffsverbote des § 44 BNatSchG für den Betrieb von Windenergieanlagen an Land präzisiert sowie die Ausnahmeerteilung bundeseinheitlich definiert. Das novellierte BNatSchG umfasst ebenso vorgegebene Schutzmaßnahmen, wie auch die Zumutbarkeitsschwelle sowie die Höhe möglicher Ausgleichszahlungen und deren Verwendung in nationalen Artenhilfsprogrammen.

Im Rahmen der Regionalen Planungsoffensive des Landes Baden-Württemberg wurde seitens des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg unter Beteiligung der Unterarbeitsgruppe I der AG Natur- und Artenschutz im Rahmen der Task Force Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien der „Fachbeitrag Artenschutz für die Regionalplanung Windenergie“ (LUBW 2022) herausgegeben. Diese landesweite Planungshilfe definiert Schwerpunktvorkommen windkraftsensibler Arten (Vögel und Fledermäuse) und bildet damit die Grundlage dafür, dass unter Berücksichtigung des genannten Fachbeitrags bei der Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergie in der Regel aus Sicht des Artenschutzes keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen. Die in der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes vom Juli 2022 vorgesehenen Erleichterungen für spätere immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren bei der artenschutzrechtlichen Ausnahme sollen hierdurch ihre Wirkung entfalten können.

Auch die EU-Notfallverordnung (Verordnung EU 2022/2577) soll die Verfahren zum Ausbau der erneuerbaren Energien weiter beschleunigen. Demgemäß wurden neben dem Raumordnungsgesetz, dem Windenergieflächenbedarfsgesetz, das Windenergie-auf-See-Gesetz, das Energiewirtschaftsgesetz und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung angepasst. Diese gilt lediglich befristet für Verfahren, welche vor dem 30. Juni 2024 begonnen werden. Sie regelt, dass in ausgewiesenen EE-Gebieten (hier Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie) außerhalb von Natura 2000-Gebieten, Naturschutzgebieten oder Nationalparken, für welche bereits eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wurde, im Genehmigungsverfahren die Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und der artenschutzrechtlichen Prüfung entfällt. Die Genehmigungsbehörde definiert zur Wahrung des Artenschutzes Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen auf Grundlage von vorhandenen Daten. Artenhilfsprogramme bestehen darüber hinaus für den Fall von fehlenden Datengrundlagen oder keiner ausreichenden Möglichkeit die Artenschutzbelange über Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in ausreichendem Maße abzudecken (BMWK 2023, UM 2023). Der Fortbestand der EU-Notfallrichtlinie wird in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie RED III (Richtlinie (EU) 2023/2413) geschrieben, welche am 31. Oktober 2023 veröffentlich wurde und 20 Tage später in Kraft trat. Bis spätestens 21. Mai 2025 muss diese in nationales Recht umgesetzt werden.