Planungsdokumente: Teilregionalplan Windenergie

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Verfahrens nehmen.

Inhaltsverzeichnis

Strategische Umweltprüfung

8.1 Natura 2000-Verträglichkeit

8.1.1 Rechtliche Grundlagen

Festlegungen in Plänen, deren Umsetzung zu erheblichen Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten führt, sind gemäß § 34 Abs. 2 i.V.m. § 36 BNatSchG unzulässig. Es ist zu prüfen, ob ein günstiger Erhaltungszustand bei Umsetzung einer Planung stabil bleibt bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands bei Umsetzung einer Planung nicht gefährdet ist.

Im Unterschied zur Strategischen Umweltprüfung, die die Umweltauswirkungen beschreibt und bewertet, hat die Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung zum Ziel, zu identifizieren, bei welchen Festlegungen erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietsnetzes Natura 2000 auftreten.

Erheblich sind Beeinträchtigungen dann, wenn sie dazu führen, dass der Lebensraum nicht beständig ist oder sich nicht gemäß den Erhaltungszielen entwickeln kann bzw. der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten nicht mehr günstig ist. Erhebliche Beeinträchtigungen im Hinblick auf Arten bestehen dann, wenn sie dazu führen, dass die in einem Natura 2000-Gebiet gebietsspezifischen Erhaltungsziele der jeweiligen Art nicht bewahrt oder entwickelt werden können, d.h. wenn die Lebensraumfläche oder Bestandsgröße der Art nicht bewahrt oder entwickelt werden kann bzw. die Populationsdynamik dieser Art kein lebensfähiges Element des charakteristischen Habitats nicht mehr bildet oder bilden wird (Lambrecht et al. 2004, Lambrecht & Trautner 2007 und Ackermann et al. 2020).

Ein Vorhaben, das zu erheblichen Beeinträchtigungen führt, kann ausnahmsweise dann zugelassen werden, wenn keine zumutbaren Alternativlösungen ohne oder mit geringen Beeinträchtigungen möglich sind und es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (einschließlich sozialer und wirtschaftlicher Belange) notwendig ist. In § 2 EEG ist geregelt, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen erneuerbarer Energien sowie den dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Für Vorhaben in der Ausnahmelage sind Kohärenzmaßnahmen durchzuführen, die dazu geeignet sind, den Zusammenhang des Natura 2000-Verbundsystems wiederherzustellen (siehe § 34 Abs. 5 BNatSchG). Kann der Vorhabenträger diese nicht durchführen, so ist die Zulassung einer Ausnahme nicht möglich und das Vorhaben ist zu untersagen.

Eine erhebliche Beeinträchtigung kann sich auch durch die kumulative Wirkung mit anderen Projekten und Plänen ergeben. Pläne sind auch dann einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn sie für sich allein keine erheblichen Beeinträchtigungen auslösen, dies aber im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben nicht auszuschließen ist (Schumacher & Fischer-Hüftle 2011).

Sind Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen oder Arten betroffen, müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe können nur nach Einholung einer Stellungnahme der Kommission berücksichtigt werden (siehe § 34 Abs. 4 BNatSchG).

8.1.2 Vorgehensweise

Aus den Rechtsgrundlagen ergibt sich, dass im Rahmen der Regionalplanfortschreibung zu prüfen ist, ob der Teilregionalplan die Erhaltungs- und Entwicklungsziele von Natura 2000-Gebieten erheblich beeinträchtigt. Dabei ist die Natura 2000-Verträglichkeitssprüfung an die Maßstabsebene und den vorbereitenden Charakter der Regionalplanung anzupassen. Hinsichtlich der Untersuchungstiefe ist auch zu berücksichtigen, dass auf der Regionalplanebene keine konkreten Anlagenstandorte geplant werden, sondern Vorranggebiete für die Windenergienutzung gesichert werden. Eine genaue Angabe der Beeinträchtigungspotenziale ist häufig ohne Kenntnis des Anlagenstandorts noch nicht umfassend möglich.

Die Erhaltungs- und Entwicklungsziele für Lebensräume und Arten in Natura 2000-Gebieten können auch von Tätigkeiten außerhalb des Gebietes oder durch das Zusammenwirken mit anderen Plänen nachhaltig und erheblich beeinträchtigt werden. In der gegenständlichen Planung ist im Lichte des Vorsorgegrundsatzes ein Vorsorgeabstand von 200 m als Konfliktkriterium gewertet. Der betrachtete Wirkradius, welcher hinsichtlich der Beeinträchtigung aber auch der Summationswirkung angewandt wird, beträgt 3.500 m.

Naturschutzfachliche Einzelfragen zur Natura 2000-Prüfung wurden im Vorfeld mit dem zuständigen Naturschutzfachreferat des Regierungspräsidiums Karlsruhe erörtert. Die Ergebnisse wurden eingearbeitet.

Auf Grundlage des Plankonzepts und der Gewährleistung der Integrität der Gebiete werden mit den Festlegungen zur Sicherung von Windenergiegebieten keine erheblichen Auswirkungen auf die Erhaltungsziele und den Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete verbunden. Eine abschließende Bewertung der Natura 2000-Belange ist vorhabenbezogen den zuständigen Fachbehörden vorbehalten.