Zur Ermittlung der Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie wurde ein mehrstufiger Planungsprozess durchlaufen.
Zunächst wurde ein Planungskriterienkatalog entwickelt, der von den Gremien des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein beschlossenen wurde. Die Planungskriterien umfassen z. B. das Winddargebot und Siedlungsflächenabstände. Als Grundlage für die Ausschluss- und Konfliktkriterien dienen entsprechende Fachgesetze, der geltende Regionalplan der Region Mittlerer Oberrhein sowie der Gesamtfortschreibungsentwurf des Regionalplans in der Fassung der 1. Offenlage aus dem Jahr 2021 sowie weitere planerische Grundlagen.
Mit der Anwendung des Kriterienkatalogs wurde die Gesamtgebietskulisse für die Region Mittlerer Oberrhein im ersten Schritt eingegrenzt. In diesem Planungsschritt wurden nach Anwendung der Planungskriterien diejenigen Räume identifiziert, in denen im weiteren Planungsprozess nach potenziellen Vorranggebieten für die Nutzung von Windenergie gesucht werden konnte (Suchraumermittlung). Der Suchraum umfasste dabei zunächst eine deutlich größere Flächenkulisse als die Kulisse der späteren Vorranggebiete, die zusammengenommen mindestens 1,8 Prozent der Regionsfläche ergeben müssen (§ 20 KlimaG) (vgl. Kap. 1).
Grundlage für die Auswahl und Abgrenzung der Suchräume und der daraus resultierenden Vorranggebiete ist eine umfassende Abwägung zwischen dem Belang der Nutzung von Windenergie einerseits und konkurrierenden Raumnutzungsansprüchen sowie anderen öffentlichen Belangen andererseits. Dabei ist auch berücksichtigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nach § 2 Satz 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient und die erneuerbaren Energien demzufolge als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden müssen (§ 2 Satz 2 EEG).
Der oben angeführte Kriterienkatalog benennt
E Eignungskriterien für die besondere Eignung von Standorten (gestuft nach Windpotenzial). Dabei handelt es sich um Gebiete, die aufgrund bestimmter Eigenschaften in besonderem Maße für den Ausbau der Windenergie geeignet sind. Hier wurden drei Eignungsstufen unterschieden, jeweils mit Bezug zur mittleren gekappten Windleistungsdichte (E1 bis E3),
A Ausschlusskriterien, deren methodische Anwendung zu einem Ausscheiden von Flächen führte, die entweder aus rechtlichen/tatsächlichen (A1) oder planerischen Gründen (A2) insbesondere im Hinblick auf die Festlegung von möglichst konfliktarmen Gebieten für die Errichtung von Windenergieanlagen nicht in Frage kommen sowie
K Konfliktkriterien, die den planerischen Ermessensspielraum bestimmen. Unter Konflikten sind hier Belange zu verstehen, die mit dem Ausbau von Windenergie in Konkurrenz stehen können und hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Bau und Betrieb von Windenergieanlagen geprüft werden müssen. Auch hier wurden drei Stufen unterschieden (K1 bis K3). Hierbei ist zu beachten, dass die Konfliktkriterien der Stufe K3 erst bei der Abgrenzung der konkreten Vorranggebiete zum Tragen kamen. Einige der unter dieser Kategorie geführten Konflikte wurden nach Abgrenzung der Vorranggebietskulisse bei der vorgeschriebenen strategischen Umweltprüfung (SUP) angewendet.
Tabelle 2 Kategorien der Planungskriterien
Eignung | Kategorie | Kürzel | Erläuterung |
| Sehr hohe Eignung | E 1 | Wesentliche Eignungskriterien, prioritärer Suchraum |
| Hohe Eignung | E 2 | Bedeutende Eignungskriterien, Suchraum zweiter Priorität |
| Eignung | E 3 | Weitere Eignungskriterien, Suchraum dritter Priorität |
| Konflikte | K 3 | Fläche tendenziell konfliktbehaftet, findet erst bei der VRG-Abgrenzung Anwendung |
| Hohe Konflikte | K 2 | Fläche überwiegend ungeeignet, Suchraum dritter Priorität |
| Sehr hohe Konflikte | K 1 | I.d.R. ungeeignete Flächen, die einem Ausschluss nahe kommen, da rechtliche und planerische Rahmenbedingungen nur in Ausnahmefällen eine Zulässigkeit von WEA vorsehen. |
| Planerischer Ausschluss | A 2 | Ausschluss wegen planerischer Aspekte, eindeutige Ausschlusskriterien ohne Ausnahmeregelung |
| tatsächlicher / rechtlicher Ausschluss | A 1 | Tatsächlicher oder rechtlicher Ausschluss erforderlich, eindeutige Ausschlusskriterien, die Errichtung von WEA ist faktisch oder aus rechtlichen Gründen nicht möglich |
Im ersten Schritt wurden die Ausschlusskriterien angewendet. Auf den mit einem Ausschlusskriterium versehenen Flächen (A1 und A2) fand weder eine Suche nach Vorranggebieten statt, noch unterlagen sie einer Abwägungsmöglichkeit. Diese Flächen tauchen folgerichtig auch nicht in der Suchraumkulisse auf. Im Unterschied dazu wurden die „Sehr hohen Konflikte“ (K1) zwar ebenfalls nicht für die Suche nach Vorranggebieten herangezogen. Sie können im Rahmen des Planungsprozesses allerdings im Einzelfall nochmals näher betrachtet werden. Das wäre beispielsweise dann denkbar, wenn bereits Pläne für einen Windpark und damit detaillierte Voruntersuchungen und Fachgutachten aus dem Genehmigungsverfahren vorliegen, die über den Detaillierungsmaßstab der Ebene der Regionalplanung hinausreichen. Faktisch kommen die Flächen mit sehr hohen Konflikten mit diesem Vorgehen dem Ausschluss sehr nahe.
Die verbliebene Regionsfläche wurde im zweiten Planungsschritt auf ihre Eignung hin untersucht, d. h. die Kriterien E1 bis E3 kamen zur Anwendung. Da die Region Mittlerer Oberrhein im Vergleich mit den anderen Regionen Baden-Württembergs über eine besondere Begünstigung für die Nutzung der Windenergie verfügt, wurden zur Eingrenzung des Suchraums drei Eignungskategorien unterschieden, die in der Kriterientabelle näher beschrieben sind. E1-Flächen bilden dabei den prioritären Suchraum. Der technische Fortschritt ermöglicht eine effiziente Energiegewinnung auch in Gebieten mit niedrigerer mittlerer gekappter Windleistungsdichte. Im Laufe des Planungsprozesses wurden abgestuft erst die E1- und dann die E2- und E3-Flächen untersucht. Diese Vorgehensweise ermöglichte die flächendeckende Berücksichtigung aller Kommunen, da die Windverhältnisse nicht überall gleich sind.
In die Suchraumkulisse wurden auch Flächen einbezogen, die mit Kriterien aus der Stufe K2 versehen wurden. Auf diesen Flächen liegen zwar hohe Konflikte vor, jedoch konnte erst im Rahmen der konkreten Abgrenzung der Vorranggebietsentwürfe zwischen dem Belang der Windenergienutzung und dem Konflikt abgewogen werden.
Die oben beschriebenen Planungsschritte führten zur Abgrenzung einer ersten Suchraumkulisse, die die Grundlage für den ersten Austausch mit den Gemeinden auf Fachebene in der Region bildete und für die informelle Beteiligung der Öffentlichkeit herangezogen wurde. Die in der Suchraumkarte dargestellten schraffierten Bereiche zeigen die Flächen, die für die Suche nach potenziellen Vorranggebieten weiterverfolgt wurden. Sie sind das Ergebnis der Anwendung der Planungskriterien und haben sich als grundsätzlich geeignet für die Windenergienutzung herausgestellt. Der Suchraum wurde dabei in den allgemeinen und den Kernsuchraum differenziert.
Beim Kernsuchraum handelt es sich um Flächen, die nach Anwendung der Planungskriterien lediglich von den Eignungskriterien E1 – E3 überlagert wurden. D.h. die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Windenergienutzung gegenüber anderen Raumnutzungsansprüchen durchsetzen können wird, wurde dort zunächst als besonders hoch eingestuft.
Im übrigen Suchraum lagen neben den Eignungskriterien auch unterschiedliche Stufen der Konflikte vor (K2 – K3). Diese wurden als Hemmnisse gewertet, die einer Windenergienutzung entgegenstehen könnten, jedoch wurde davon ausgegangen, dass diese durch eine sorgfältige Windparkplanung durch den Vorhabenträger sowie Gebietsabgrenzung auf Genehmigungsebene überwunden werden können.
Abbildung 2 Suchraumkarte Windenergie aus der informellen Beteiligung
Die graue Fläche zeigt den Bereich der Region, der nicht für die Suche herangezogen wurde, da er sich aus unterschiedlichen Gründen nicht gut für die Windenergienutzung eignet. Neben Kriterien (A1 – K1), die einen tatsächlichen bzw. rechtlichen Ausschluss zur Folge haben, fallen hierunter auch die Flächen, die aus planerischen Gründen zur Vermeidung von Konflikten mit anderen Belangen eindeutig ausgeschlossen werden können. Zu ersterem zählen beispielsweise bebaute und geplante Wohngebiete, Abstände zu Wohngebieten sowie Infrastruktureinrichtungen und deren Anbauverbotszonen. Einzelfallprüfungen der Vorranggebiete im Rahmen der vorliegenden Umweltprüfung, Hinweise der Kommunen und der Bevölkerung sowie der Fachbehörden, haben im Laufe des Planungsverfahrens an vereinzelten Stellen zu einer Neubewertung der Eignungssituation geführt.
Auf Basis der Ergebnisse des fachlichen Austausches mit den Kommunen und der informellen Öffentlichkeitsbeteiligung wurden Prüfflächen zugeschnitten, die der weiteren Konfliktbewertung zugeführt werden mussten. Hierzu wurden die K3-Kriterien herangezogen. Die Prüfflächen wurden mit den K3-Kriterien überlagert und die Belange gegeneinander abgewogen.
Auf Basis der durchgeführten Planungsschritte wurden geeignete Flächen für die Festlegung von Vorranggebieten (Vorranggebietsentwürfe) abgegrenzt. Die Vorranggebietsentwürfe wurden anschließend der Strategischen Umweltprüfung unterzogen. Die Ergebnisse dieser Prüfung befinden sich in den Gebietssteckbriefen.
Für die vorliegende Gebietskulisse wird nach der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit zunächst geprüft, inwiefern Vorranggebietsentwürfe aus der Planung herausgenommen werden müssen, um eine räumliche Überlastung zu vermeiden. Danach muss die verbleibende Gebietskulisse mit dem zu erreichenden Flächenbeitragswert von mindestens 1,8 Prozent abgeglichen werden. Bei stark abweichenden Ergebnissen ergibt sich möglicherweise das Erfordernis der Überarbeitung und eine Rückkehr zu den vorangegangenen Planungsschritten sowie eine Einzelfallbetrachtung bestimmter Vorranggebietsentwürfe.